Geschichte des Neuromarketings
Die Entwicklung rund um das Thema Neuromarketing umreißt absatzwirtschaft.de in einem aktuellen Beitrag: Das Jahr 2002 markiert zunächst den Paradigmenwechsel. Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften geht an den israelischen Psychologieprofessor Daniel Kahneman, der das rationale Modell menschlicher Entscheidungen um „kognitive Verzerrungen“ ergänzt. Die Geburtsstunde des Neuromarketings schlägt ein Jahr später, als die Resultate des bekannten neurowissenschaftlichen Tests in Houston mit Coca-Cola und Pepsi veröffentlicht werden. Es folgt ein regelrechter Forschungsboom, vor allem in den USA. Neuroökonomie nennt man die neue Disziplin, die Neuro- und Wirtschaftswissenschaft verknüpft. Als Bezeichnung für die praktische Anwendung der Erkenntnisse in Marketing und Marktforschung etabliert sich der Begriff Neuromarketing. Damit verbindet sich ein großes Versprechen: Bislang verborgene Wahrnehmungsmuster, Reaktionen und Motivationen im Kopf von Konsumentinnen und Konsumenten sollen sichtbar werden. Und im zweiten Schritt kann man Produkte und Werbung genau darauf abstimmen. Mit dem Neuro-Boom steigt auch das Misstrauen gegenüber klassischen Befragungen: Was Menschen explizit äußern, muss nicht ihren wahren Einstellungen entsprechen. Allerdings: Neuro-Tests sind sehr kostspielig. Entsprechende Studien müssen daher mit sehr geringen Fallzahlen auskommen, was die Verlässlichkeit der Ergebnisse einschränkt. Eine Herausforderung stellt auch die Unschärfe der Untersuchungen dar: Man misst Gehirnaktivitäten, weiß aber nicht, was sie genau aussagen. Und letztlich bleibt stets die Frage offen, ob eine im Gehirn gemessene Befindlichkeit eines Probanden oder einer Probandin wirklich zu einem veränderten Kaufverhalten führt. Nach 2010 wird es ruhiger ums Neuromarketing. Man erkennt, dass sich neurowissenschaftliche Erkenntnisse nicht unmittelbar in Werbestrategien umsetzen lassen. Die Vorstellung, einen „Kauf-Knopf“ im Gehirn des Menschen zu finden, bleibt Wunschdenken. Und: ein neuer Megatrend drängt das Neuromarketing in den Hintergrund. Die digitale Performance. Das Instrumentarium der Online-Werbung macht den Erfolg von Kampagnen direkt messbar. Führt etwa eine grüne Anzeigenvariante doppelt so oft zum Kauf wie eine rote, spricht sie die Zielgruppe offenbar besser an – nach dem Warum fragt man dann nicht mehr. Die Neuroökonomen forschen derweil unbeirrt weiter und stabilisieren das Wissensfundament. Dabei hilft, dass die Messungen über technische Methoden einfacher und vor allem günstiger geworden sind. Im Marketing schwingt das Pendel wieder zurück: Man habe es übertrieben mit der Performance-Orientierung, finden viele – die Klick-Logik stößt an ihre Grenzen. Grundlegende Studien zur Werbewirkung stehen wieder hoch im Kurs. Die Consumer Neuroscience (wie man sie heute nennt) kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten, heißt es auf absatzwirtschaft.de.